Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied zugunsten der Klägerin und sprach ihr den geltend gemachten Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu.
Gemäß § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Dieser Anspruch erstreckt sich gemäß § 2 BUrlG auf Arbeiter, Angestellte sowie Personen in Berufsausbildung. Unter bestimmten Bedingungen können auch arbeitnehmerähnliche Personen diesen Anspruch geltend machen. Wird der Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vollständig genommen, sieht § 7 Absatz 4 BUrlG vor, dass er abzugelten ist.
Das BAG argumentierte, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung einer Fremdgeschäftsführerin einer GmbH sich ebenfalls aus § 7 Absatz 4 BUrlG ergibt, wenn der Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden kann. Dies gelte unabhängig davon, ob der Geschäftsführer nach nationalem Recht als Arbeitnehmer betrachtet wird, da für das BUrlG ausschließlich der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich ist.
Diese Interpretation erfolgt vor dem Hintergrund der Umsetzung der Vorgaben von Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG durch das BUrlG. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind nationale Gerichte verpflichtet, nationales Recht im Einklang mit dem Unionsrecht auszulegen, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten. Der Begriff „Arbeitnehmer“ im Sinne des Unionsrechts umfasst demnach Personen, die eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausüben und eine Vergütung für ihre Leistungen erhalten, unabhängig von ihrem Grad der Abhängigkeit oder Unterordnung.
Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin gemäß dem BAG weisungsgebunden tätig, da sie klare Vorgaben zur Arbeitszeit und zu den zu erfüllenden Aufgaben hatte. Zudem entsprachen ihre Aufgaben typischen Angestelltentätigkeiten, und es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass sie als Mehrheitsgesellschafterin agierte.
Die Niederlegung ihres Geschäftsführeramtes hatte keinen Einfluss auf ihren Urlaubsanspruch, da dieser nicht von der tatsächlichen Erbringung von Arbeitsleistungen abhängt, sondern von den regelmäßigen Tagen mit Arbeitspflicht. Selbst nach der Niederlegung ihres Amtes konnte die Klägerin die ihr übertragenen Aufgaben weiterhin ausführen.
Das BAG folgte somit der Entscheidung des Arbeitsgerichts Minden und bestätigte die Verurteilung der Beklagten zur Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs der Klägerin.