Beim Einsatz von „Active Sourcing“ durch Recherche über Suchmaschinen oder soziale Netzwerke ist es entscheidend, die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung zu gewährleisten. Es ist zu beachten, dass „Active Sourcing“ kein Vorstadium für potenzielle Vertragsbeziehungen darstellt. In Fällen, in denen bereits eine Bewerbung vorliegt, entsteht ein vorvertragliches Verhältnis, das dem Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und § 26 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) das Recht zur Verarbeitung von Bewerbungsdaten einräumt, insbesondere wenn dies für die Entscheidung über die Einstellung erforderlich ist und das Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung der Daten nicht überwiegt.
Da beim „Active Sourcing“ keine vorvertraglichen Beziehungen bestehen, greift Artikel 6 Absatz 1f in Verbindung mit Artikel 9 Absatz 2e der DS-GVO. Der Zugriff auf öffentlich zugängliche Daten von Kandidaten ist dann zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht und kein überwiegendes Interesse des Kandidaten entgegensteht (Gola, NZA 2019, 656). Das erste Kriterium ist daher die öffentliche Verfügbarkeit von Daten durch den potenziellen Kandidaten, einschließlich Daten, die einer unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich sind, sowie Profile in sozialen Netzwerken, die für alle Nutzer des jeweiligen Netzwerks zugänglich sind.
Wenn ein Kandidat festlegt, dass er Daten nur mit bestimmten Kontakten teilen möchte oder explizit darauf hinweist, dass von Recruiting-Maßnahmen Abstand genommen werden soll, ist der Zugriff durch externe Personen untersagt. Dies gilt auch, wenn die Nutzungsbedingungen der Plattform einen solchen Zugriff verbieten. Es liegt in der Verantwortung der Recruiter, dies im Voraus sorgfältig zu prüfen.
Es ist zu beachten, dass es nicht ausschließlich darauf ankommt, ob es sich um eine berufliche oder private Plattform handelt. Die Unterscheidung ist in der heutigen Zeit oft nicht eindeutig, da auch auf vermeintlich beruflichen Plattformen vermehrt private Inhalte zu finden sind und umgekehrt. Das arbeitgeberseitige Interesse an der Verarbeitung öffentlich zugänglicher Daten besteht nur dann, wenn diese relevant für die zu besetzende Stelle sind und die Grundsätze des arbeitgeberseitigen Fragerechts im Bewerbungsprozess eingehalten werden.
Die Einwilligung eines Kandidaten könnte theoretisch eine Rechtsgrundlage für „Active Sourcing“ sein. In der Praxis ist dies jedoch selten, insbesondere bevor der Kandidat kontaktiert wurde. Die bloße Existenz eines Profils auf einer Karriereplattform oder einer Social-Media-Plattform impliziert nicht automatisch eine Einwilligung zur Datenverarbeitung. Selbst die Annahme einer Kontaktanfrage bedeutet nicht zwangsläufig eine Einwilligung. Eine Einwilligung muss vor der tatsächlichen Verarbeitung eingeholt werden und freiwillig sein. Zu dem Zeitpunkt, an dem eine Kontaktanfrage gestellt wird, könnte bereits eine rechtswidrige Datenverarbeitung erfolgt sein, wodurch eine Einwilligung obsolet wird. Die Notwendigkeit einer Einwilligung könnte potenzielle Kandidaten abschrecken, und die Tatsache, dass eine Einwilligung widerruflich ist, macht sie nicht zum idealen Instrument für rekrutierende Arbeitgeber.